Mittwoch, 6. Januar 2010

web2.0 suicide machine: Digitales Leichen-Umbetten

Es bedeutet mir ein teuflisches Vergnügen, dem Unternehmen «suicide machine» zu unterstellen, es bette jene, die anderswo sterben wollten, bloss zu sich um. Dies geschieht natürlich nicht aus pietistischen, humanen oder andern hoch edlen Gründen: Der tote User lebt als Untoter in einer Zwischenwelt mit allem Drum und Dran munter weiter.
 
Geruhsam darf mit grosser Spannung und inniger Hoffnung so gegen Auffahrt hin ( ab Do 13. Mai 2010) die «web2.0 resurrection machine» erwartet werden, mit der vermeintlich Tote in alter Frische wieder auferstehen dürfen.

Es gilt als alter Zopf, dass jene, die in sozialen Netzwerken irgendwie auf die Nase gefallen sind oder diese schlicht voll haben, sich dort gerne auslöschen möchten. Sicherlich ist das ein Wunsch, den es zu respektieren gilt.
Doch wird es ihnen ähnlich ergehen, wie es im Gedicht von Schiller «Das Lied von der Glocke» in er ersten Strophe bzw. deren Verballhornung steht:
Original Verballhornung (auf die Schnelle)
Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muss die Glocke werden,
Frisch, Gesellen! seid zur Hand.
Von der Stirne heiss
Rinnen muss der Schweiss,
Soll das Werk den Meister loben,
Doch der Segen kommt von oben.
Eingebrannt in allen Netzen
Sind die Daten immerdar.
Heute soll gestorben werden,
O Maschine, sei zur Hand.
Doch wie jeder weiss,
Bleiben Daten heiss,
Soll ein Netzwerk neu aufleben,
Werden sie schlicht übergeben.
Eine der vielen vergangenen Meldungen über solches Selbsttöten findet sich in: «Mein digitaler Selbstmord» [Spiegel vom 03.02.2008].

Lockere Unterstellung – eine Spielerei

Da unterstelle ich doch locker, relevante Daten der betreffenden digitalen Selbstmörder würden von den Abtötungsassistenten in Form eines «Friendly Takeover» selbstverständlich übernommen.
 
Denn: wer ist schon so altruistisch, nebst dem Abtöten auch gleich noch Totenlisten zum Nulltarif anzubieten, auf denen sich die Selbstmörder in Wort und Bild ausstellen dürfen unter dem Titel: «Ich hab's getan !».
 
Denke ich dazu an die Tatsache, dass Selbstmörder oft zu Paranoia neigen, wage ich mir die Summe der Werbeklicks kaum vorzustellen, wenn jene Paranoiden sich täglich in die Totenlisten einwählen, um sich in schier ewiger Schleife zu versichern, wirklich, vollständig, total und enorm tot zu sein.
 
Deshalb ist es vollkommen natürlich, dass facebook derart «Freundliche Entführungen» verabscheut und die Abtöter blockiert, damit der potentielle Selbstmord-Anwärter doch noch im alten Häuschen bleibt, um für den entsprechenden Traffic zu sorgen.

Der nette Sterbehelfer von suicidemachine.org

Bilder aus dem Video von Take the 2.0 Suicide Tour
Dein himmlischer Sterbehelfer

Dein Sterbehelfer ist in schon leicht himmlisch anmutender Leseecke, voll auf Dich konzentriert.

Dein ermunternder Sterbehelfer

In wenigen Sekunden wird er Dir Deine Abtötung in den Netzwerken demonstrieren.

 
Dein einsamer Sterbehelfer

Nachdem er seine Ex-Frau samt seinen Kindern digital ausgelöscht hat, wird's etwas einsam um ihn.

Dein glücklicher Sterbehelfer

Nun fliegen ihm seine Kinder aus dem realen Leben zu, er hat deren viele, und alles ist wieder gut ...

 

Und ewig lockt die Datenflut

Abgetötete Ex-User werden folglich sowohl als Lebende als auch als Untote bezüglich ihrer Daten ausgebeutet, und irgendwann wird einer kommen und diese «wankenden Gestalten» im Zug eines «multiplen Revivals» mit der «web2.0 resurrection machine» erneut zum Leben erwecken.
 
Und sie werden in Verzückung verfallen, denn alles wird für sie so vollständig bereit gestellt sein, als hätten sie sich eben nur bloss das Näschen gepudert … und sie werden fortan beten:
Netzwerkunser
Netzwerk unser in meinem System,
Geschützt sei deine Domain.
Meine Freiheit vergehe.
Deine Anwendungen grassieren im Netz wie auf meinem Rechner.
Versorge mich täglich mit deinem Output.
Und vergib meine fehlende Präsenz, wie auch ich deinen Handel mit meinen Daten vergebe.
Und achte nicht meinen freien Willen,
sondern erlöse mich von allen Absichten gegen dich.
Denn dein sind die Netze, meine Daten und mein ganzes Denken in Ewigkeit.
So sei es.

 

Damit es weniger tötelt ...

«High Anxiety» oder «Gross Angst»
«The Suicide Machines» haben auch Angst, sie singen hingegen munter weiter ;-)
Well it's the high anxiety
I'm a victim of society
High anxiety ...
Nun, es ist die grosse Angst
Ich bin ein Opfer der Gesellschaft
Grosse Angst ...

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