Donnerstag, 12. August 2010

Staatsanleihen: Hitlers Schulden – Hitlers Kanonenfutter

Es geht um Staatsanleihen Deutschlands aus den 1920er-Jahren:
Das Bundesberufungsgericht in Atlanta hat entschieden, über eine Schuld Deutschlands von ca. 450 Mio. US$ (über 350 Mio. Euro) dürfe verhandelt werden. Das Unternehmen «World Holdings» (keine Web Site gefunden) besitzt offenbar eine Anzahl Papiere aus dem seinerzeitigen Handel.


 
Adolf Hitler
Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) hatte Deutschland Staatsanleihen ausgegeben, um nach dem verlorenen Krieg den Wiederaufbau zu finanzieren. Nachdem Adolf Hitler 1933 Reichskanzler geworden war, stellte er die Zahlungen für die Staatsanleihen ein.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) scheinen die Papiere zu amerikanischen Käufern gekommen zu sein, die sie – aus welchem Grund auch immer – als «stille Reserve» horteten.
 
Deutschland hat offenbar die Übersicht über solche Papiere verloren, und meint:
«… ein grosser Teil der Anleihen sei nach dem Zweiten Weltkrieg beglichen worden, und viele Papiere seien aber von sowjetischen Soldaten gestohlen worden …»
 
Ähnliches mag denn auch der Grund sein, wieso beim Suchen nach Links vorerst fast nur ausserdeutsche Medien zu finden waren …
 
Ob die Papiere einen monetären Wert oder bloss noch Sammlerwert besitzen, ist unklar. Es wird voraussichtlich eine spannende Geschichte geben, von der ich nebst dem schnöden Streit um Moneten auch historische Fakten erwarte.
 

 
Während des Lesens der verschiedenen Meldungen, die alle mit der gleichen Kernaussage daherkommen, kam mir ein Ereignis in den Sinn, das sich vor Jahren zutrug, als die Kanzlerin Merkel noch auf dem Höhepunkt von Macht, Ansehen und Einfluss stand.

 
Von Wiesbaden aus unternahm ich damals an einem warmen Sommertag mit meinen Hunden einen längeren Marsch durch den Taunus. Als wieder mal die «Tränkzeit» für meine Kerls nahte, fand ich bald eine schattige Holzbank, auf der ein älterer Herr sass, mit dem ich bald ins Gespräch kam.
 
Er erzählte, das letzte Jahr des Krieges als Flak-Junge «gedient» zu haben, und kurz danach nach Frankreich emigriert zu sein. Sonst habe niemand der Familie den Krieg überlebt, den Ariernachweis hätte ihm ein Ehepaar besorgt, das ihn nach der Deportation seiner Eltern als seinen Sohn ausgegeben hätte.
 
«Und den Rest besorgten Ihre blauen Augen?», warf ich ziemlich mutig ein.
«Ja, ich denke schon. Sie hatten einen Sohn verloren. Und dazu das allgemeine Chaos und die Tatsache, dass diese Ersatzeltern den Hitler hassten, mich aber dennoch einziehen lassen mussten.»
 
Wiesenmühle bei Flörsheim

Screenshot Google maps: Wiesenmühle bei Flörsheim

«Sie dienten als Kanonenfutter der letzten Tage Hitlers?»
«Wir waren bei Flörsheim stationiert. Ich suchte unsere Flakstellung vor Tagen, musste jedoch aufgeben und ging in dieses Restaurant – Wiesenmühle. Die gab's in gewisser Weise schon damals. Wir holten uns dort Schnaps zu Beruhigung. So kam ich zu meiner ersten und auch gleich letzten derartigen Betrunkenheit. – Ja, ich denke schon, wir waren das Kanonenfutter der letzten Tage.»
 
«Sie haben alle überlebt?»
«Nein. Einer hiess Herbert, der starb vor Angst an Darmverschlingung. Es gab noch andere…»
 
«Haben Sie was abgeschossen?»
Er lachte leiste. «Ja, einen eigenen Piloten! Er überlebte. Das gab ein Hallo! Stellen Sie sich das vor! Nun, wir waren allesamt Jungs. Keiner verstand was von Krieg. Schliesslich hatte man uns aus der Schule geholt, und die paar Wochen Ausbildung brachten uns wenig.»
 
Wir sprachen weiter über den Krieg, bis ich die Frage stellte, wieso nach einem Ersten ein Zweiter Weltkrieg ausgelöst worden sei. Und innerhalb vieler Argumente und Denkpausen dazu meinte er:
 
«Sehen Sie, hinzu kommen die immensen Reparationen, die Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg an die Siegermächte leisten musste. Deutschland konnte so niemals auf einen grünen Zweig kommen, es hing am Gängelband …»
 
Wir plauderten und diskutierten weiter, und nach der langen Rast tauschten wir Adressen aus. Er lebte in Brest, einer meiner bevorzugten Hafenstädte am Atlantik.
Als ich ihn ein Jahr darauf vom Zeltplatz Saint-Jean anrief, meldete sich eine Nachbarin: Monsieur sei vor einigen Wochen verstorben, er sei friedlich eingeschlafen …

***

Der Meinung des greisen Franzosen scheint man heute eher zu widersprechen.
So steht in Wikipedia:

«… In der modernen Geschichtsschreibung dominiert die Auffassung, dass die tatsächlichen deutschen Reparationsleistungen selbst in den schwersten Jahren der Weimarer Republik kein wirkliches Hindernis für einen wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg dargestellt hätten.
 
Da die Reparationen jedoch im Zusammenhang mit der deutschen Kriegsschulddebatte standen und gleichzeitig die deutsche Wirtschaft von Krediten der USA abhängig machten, versuchten die Regierungen der Weimarer Republik die Forderungen zu mindern beziehungsweise zu beseitigen.
 
So wurden sie zu einer fortwährenden politischen Belastung, weil sowohl die Parteien und Verbände der extremen politischen Rechten als auch die KPD sie zur Agitation gegen die Weimarer Republik einsetzten. Dies legt den Schluss nahe, dass die Reparationen eher politisch als ökonomisch zur Instabilität der ersten deutschen Demokratie beigetragen haben …»


 

Links

Keine Kommentare: