Montag, 25. Oktober 2010

Wer nicht raucht, ist gegen Deutschland.

Neues BDI-Logo

Der BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. – will sogar sein Logo ändern, die Raucher als Helden Deutschlands hätten das verdient, meinte man …

Kaum ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zurück, wird ein Teil der Deutschen aufs Neue geknüppelt: Ökosteuer-Vergünstigungen – sprich: Subventionen - für Unternehmen, die besonders viel Energie verbrauchen, sollen zugunsten des Staatshaushaltes rigoros gekürzt werden.
 
Und weil das den Lobbyisten nicht passt, wird mit dem Verlust von 870'000 Arbeitsstellen gedroht. Und weil das wiederum der Merkel-Regierung nicht passt, müssen die Raucher dran glauben.
 
Schäuble wollte damit nächstes Jahr mit den Subventionskürzungen 1 Milliarde Euro und die folgenden Jahre 1.5 Milliarden Euro einsparen. Die Lobby- und Klientelpolitik funktioniert wunderbar: Fürs kommende Jahr sollen die betroffenen Firmen bloss mit 500 Mio. Euro belastet werden, spätere diesbezügliche Steuern sollen ebenfalls stark reduziert werden.
 
Das durch die Geschenke an die Industrie verlorene Geld für den Staatshaushalt holt die Regierung nun von den Rauchern, sie bilden eine sichere Quelle, schliesslich sind sie zu ächtende Süchtige und eignen sich vorzüglich als Geldscheisser.

Wer nicht raucht, ist gegen Deutschland.

Liebe Raucher, man rechnet fest mit Ihnen, enttäuschen Sie den Merkel-Schäuble-Clan nicht! Paffen Sie, was das Zeug hält, und retten Sie als Helden Deutschlands die Staatskasse, ein bisschen die Koalition und ganz gross die hilflosen Politiker der Union. Erdreisten Sie sich nicht, Ihr Rauchen einzuschränken oder gar damit aufzuhören, denn damit richten Sie den grösstmöglichen Schaden an, man wird Sie umgehend dafür verantwortlich machen und schuldig sprechen.
Haben Sie es gehört und verstanden? - S c h u l d i g !
Die Helden rauchen für Deutschland
Es ist keine «neue Ehrlichkeit» der Bundesregierung, den Bürgern Rechenoperationen des Staatshaushaltes transparent zu machen, man zeigt dreist und offen, dass es bei der Tabaksteuer gar nicht um die Volksgesundheit geht, sondern rein darum, die Staatskassen aufzupeppen. Genau dazu braucht man eine möglichst grosse Masse an starken Rauchern, deren Geldbeutel und Gesundheit man hemmungslos ausbeuten kann.
 
Oder drastischer gesagt: Deutschland braucht dringend die permanente vorsätzliche Körperverletzung der Bürger, um die Unzulänglichkeit der Politiker zu vertuschen und auf diesem Weg die Staatsverschuldung zu verkleinern.
 
Vor sieben Jahren, als man auf den Geschmack gekommen war, mit Tabaksteuererhöhungen finanzielle Lücken zu füllen, kümmerte man sich immerhin noch um das Wohlergehen von Menschen. So schrieb die Sueddeutsche vom 08.05.2003 unter «Wohin mit den Milliarden?»

«Bisher wollten die Gesundheitspolitiker der Koalition mögliche Zusatzeinnahmen von schätzungsweise vier Milliarden Euro ausschließlich zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzen. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft derzeit die Einführung und Finanzierungsmöglichkeiten eines Beschäftigungsprogramms für Langzeitarbeitslose.
[…]
"Ich habe den Eindruck, dass in der Bevölkerung akzeptiert wird, dass die Raucher hier einen Beitrag leisten." Im Rahmen der Prävention und des verstärkten Gesundheitsschutzes für Jugendliche hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eine höhere Tabaksteuer als "wünschenswert" bezeichnet.»


 
Und Dow Jones Deutschland argumentierte noch am 30.09.2010 unter «BMF: Keine Planungen für Tabaksteuererhöhung»

«"Im Bundesfinanzministerium bestehen derzeit keine Planungen für eine Tabaksteuererhöhung", erklärte BMF-Sprecher Tobias Romeis in Berlin. Ein im parlamentarischen Verfahren befindlicher Gesetzentwurf zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen sehe keine Tabaksteuererhöhungen vor, hob er hervor.
 
Hingegen wollte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Barthle, gegenüber Dow Jones Newswires "nicht bestreiten, dass es diese Überlegungen gibt". Bislang sei dies aber "noch keine Alternative", sagte er. Das "Handelsblatt" hatte in seiner Donnerstagausgabe unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, mit einer solchen Maßnahme sollten etwa 1 Mrd EUR mehr eingenommen werden. Diese Summe fehle im Sparpaket der Regierung, wenn sie, wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angedeutet, die energieintensiven Unternehmen doch vor höheren Ökosteuern bewahrt.»


 
Und was sagte vor mehr als sieben Jahren der nun Merkel-Trabant Guido Westerwelle auf dem FDP-Parteitag in Bremen?

«Rauchen und Saufen für die Gesundheit sind kein Reformkonzept, sondern der absurde Endpunkt einer unfähigen Bundesregierung.»

Sueddeutsche 16.05.2003 «Dämpfer für Westerwelle»
 
Ich möchte ja nicht unflexibel sein, die Zeiten haben sich geändert. Doch ging's damals immerhin noch um Menschen bzw. deren Wohlergehen. Heute hat die Industrie den eindeutigen Vorrang, und keiner will mir weissmachen, dass nicht pragmatische Lösungen zur Sanierung des deutschen Staatshaushaltes möglich wären, mit denen derart sture Pläne zu verhindern wären.
 
2009 hat Deutschland die Maastricht-Kriterien um mindestens 0.3 % verpasst. Was an Schulden inzwischen rein rechnerisch ausgegliedert wurde, weiss ich nicht. Man hatte damals schliesslich Griechenland, über das in epischer Breite gelästert werden konnte. Das deutsche Jubelfernsehen zu allzeitigen Huldigung Merkels veröffentlichte am 22.10.2010 unter «Deutschland hielt EU-Defizitgrenze 2009 ein»

«Deutschland hat im vergangenen Jahr doch noch das Defizitkriterium des EU-Stabilitätspakts erfüllt. Eine abermalige Berechnung aufgrund neuerer Daten habe ergeben, dass das Staatsdefizit 2009 bei 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag, bestätigte das Statistische Bundesamt gegenüber tagesschau.de. Ursprünglich hatten die Statistiker einen Wert von 3,3 Prozent berechnet und diesen dann Mitte des laufenden Jahres auf 3,1 Prozent nach unten korrigiert. Der EU-Stabilitätspakt erlaubt laut den Maastricht-Kriterien ein Defizit von maximal 3,0 Prozent.»

Rechnete ein Abiturient jahrelang an einer Lösung, um einen gewünschten Annäherungswert zu erzielen, wäre er klar durchgefallen. Da das Statistische Bundesamt sich offenbar nicht an eindeutige Anforderungen halten muss, sondern sich langfristig schlicht zu Lösungen hinschummeln kann, entzieht sich alles irgendwelcher Kontrolle. Hauptsache, man hat richtig getrickst, und kann dem blöden Volk ein stimmiges Ergebnis vorgaukeln.
 
Das ist also aus Deutschland geworden: Ein Staat, der blosse Bürgerverwaltung betreibt mit einer Häme, die ihresgleichen sucht. So weiss man nun auch, wofür der einstige CDU-Bundeskanzler Kohl seine «Blühenden Landschaften» anvisierte:
Damit die künftigen, den Staatshaushalt finanzierenden Kettenraucher in den letzten Tagen ihres kurzen Lebens zwischen bunten Blumenbeeten der Palliativ-Sanatorien wandeln dürfen.

 
Ich bedaure den Tag, an dem die Ex-Stasi Angela Merkel Bundeskanzlerin wurde.
 

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