Samstag, 6. November 2010

Historisch und hanebüchen: Schwarzpulver und Tea Party

Man hätte auch «Geschichtliches in freier Assoziation» titeln können. So mancher fragte sich die letzten Tage, was der Hintergrund des merkwürdigen zeitlichen Zusammenfalls der Ereignisse US-Wahlen und Europas Schwarzpulver-Sendungen sein könnte. Wahrscheinlich gibt es gar keinen, ausser einige Wirrköpfe hätten sich in die Geschichte verirrt und auch für Europa einen treffenden Vorfall mit historischem Bezug kreieren wollen.
So sei es getan:

«Britische Geschichte für Dummies»
Sean Lang

«Also gestattete er (Jakob I) seinem Lordkanzler, Lord Robert Cecil, die Wiedereinführung hoher Geldstrafen für Katholiken und die Verbannung katholischer Priester. Die meisten Katholiken gingen einfach los und bezogen die Feldbetten in den Priesterhöhlen neu, aber ein hitzköpfiger Dummkopf namens Robert Catesby entschied, aktiver zu sein. Er plante einen der berühmtesten Terroranschläge in der Geschichte: Die Schiesspulververschwörung. Catesby und eine Grippe von Verschwörern plante, den König und das gesamte House of Parliament in die Luft zu sprengen.»


 

Tee / Schwarzpulver

Eine hanebüchene Gegenüberstellung zwar, aber die folgenden Aktionen tragen historische Wurzeln, und insbesondere die europäischen «Bomben»-Sendungen hätten durchaus zum 05. November 2010 gepasst. Offenbar hat's in der Versandabteilung der griechischen «Zellen des Feuers» nicht so geklappt, damit auch alles fristgemäss eintraf.
Tea Party (USA) Schwarzpulver-Sendungen (Europa)
16. Dezember 1773
Boston Tea Party
5. November 1605
Schiesspulververschwörung
Widerstand gegen die britische Kolonialpolitik im chaotischen Tee-Krieg um Steuern, Zölle und Billigprodukte.
 
Stark verbilligter Tee aus England wurde nicht entladen, sondern zerstört.
Rache der Katholiken an König Jakob I, weil er den Protestantismus vorzog und die Katholiken unterdrückte und katholische Adelige und Beamte um Einfluss und Macht im Parlament fürchteten.
 
Ziel war das Auslöschen des gesamten britischen Parlaments samt König Jakob I. und der ganzen Königsfamilie mit dem Ziel, Elisabeth Stuart würde Königin.
Aktion:
45 Tonnen Tee (342 Kisten) wurden ins Wasser geworfen.
Aktion:
2.5 Tonnen Schiesspulver (34 Fässer) wurden für die Sprengung in den Kellern deponiert.
Folgen:
Eine Gesetzesflut und weitere Eskalationen, die 1775 zum Ausbruch des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges führten.
Folgen:
Der Anschlagplan wurde verraten, das Attentat fand nicht statt, die Verantwortlichen wurden verurteilt (Todesstrafe), der Katholizismus blieb weiter im Hintergrund.
Nun, es gilt als bekannt, dass Politiker etwas beschränkt und einfallslos sind und deshalb auf alte Ideen zurückgreifen müssen. Denkt man dabei an Sarah Palin und ihre Schreihals-Trabanten, scheint das Zerschlagen eines solch populistischen Stumpfsinns zwingend zu sein. Dass aktuell die Al-Qaida in Sachen Bomben-Sendungen die USA erneut in den Griff kriegen will – und dazu mit Sprengstoffen wie Semtex – scheint traurige Realität zu sein.
 
 
«Britische Geschichte für Dummies»
Sean Lang

«Also gestattete er (Jakob I) seinem Lordkanzler, Lord Robert Cecil, die Wiedereinführung hoher Geldstrafen für Katholiken und die Verbannung katholischer Priester. Die meisten Katholiken gingen einfach los und bezogen die Feldbetten in den Priesterhöhlen neu, aber ein hitzköpfiger Dummkopf namens Robert Catesby entschied, aktiver zu sein. Er plante einen der berühmtesten Terroranschläge in der Geschichte: Die Schiesspulververschwörung. Catesby und eine Grippe von Verschwörern plante, den König und das gesamte House of Parliament in die Luft zu sprengen.»


 

Manche Anschläge brauchen etwas Geduld …
Gefunden über:  Der Popkulturkalender

Wenden wir uns also dem schlichten Schwarzpulver-Bombardement Europas zu, von dem keiner so richtig weiss, wie viele Sendungen überhaupt verschickt wurden. Eine historische Interpretation verlangte 34 Stück – analog zu den 34 Fässern. Eingetroffen bzw. vorort entzündet sollen hingegen 14 Sendungen sein, falls die Value-Medien eine annähernd reale Zahl veröffentlichten.
Das ist ein etwas mageres Resultat.
Etliche dieser kleinen Feuerwerke sollten also noch unterwegs sein.
 
Nun, man mag es den griechischen (?) Linksextremen der «Verschwörung der Zellen des Feuers» nachsehen: Ganz Europa ist nicht einfach durchgehend unterkellert! Und einige ausgehöhlte Bücher mit etwas Schwarzpulver – und wie man sagt, noch gestreckt mit Mehl – verwandeln den Kontinent nicht in ein Feuerwerk, so sehr die Tradition am 05. November auch gerne der «Bonfire Night» gedenkt.
 
Um quasi weltumspannend oder auch nur paneuropäisch zu gedenken, hätte man das Schwarzpulver vielleicht besser mit Tee vermischt, so denn die Flughafen-Scanners nicht auf die abwegige Idee gekommen wären, es könnte sich um spezielles Gras handeln.

Nur körpergescannte Passagiere dürfen abstürzen

Wenn wir schon bei den Scannern sind:
Es ist doch eine absolute Häme, dass vor Monaten über Körperscanner, diskutiert und gestritten wurde, und man dabei mit keiner Silbe erwähnte, dass Luftfracht, die sich in Passagierflugzeugen befindet, überhaupt nicht oder nur teilweise überprüft wurde.
 
Mit diesen neunmal vermaledeiten Körper-Scannern konnte man etwas Debilsex betreiben, thematisieren ob Brustwarzen, Schamhaare oder Fettfalten sichtbar würden. Und ich unterstelle definitiv, dass man das auch deshalb tat, um den Bürgern einmal mehr eine «staatlich geprüfte Sicherheit» vorzugaukeln.
Es ist gut, wenn sich keiner vorstellt, wie sauer mich Derartiges macht.
 

Weitere «historische» Zitate zur Schiesspulververschwörung

«Dramatisierung von Politik in 'Macbeth'»
Sara Herzlinger

«Die Stadt reagierte mit Schock. Der venezianische Botschafter Nicolo Molin beschreibt die Atmosphäre in einem Brief
 
Die Stadt befindet sich in einem Zustand der Unsicherheit. Katholiken fürchten um ihr Leben und werden gefürchtet, alle sind bewaffnet […] Jeden Tag kommt etwas Neues über die Verschwörung ans Licht und produziert mehr Zorn und Misstrauen. Das Ergebnis ist, dass sowohl der Hof als auch die Stadt im Tumult sind und jeder ist bewaffnet und für jeden Fall gewappnet.»


 
«Die Schiesspulver Verschwörung (Gunpowder Plot)»
Sara Herzlinger

«Die Schiesspulververschwörung wurde am 5. November 1605 entdeckt. Sie ist das Produkt der Unterdrückung der Katholiken und wurde von einigen extrem gesinnten Katholiken organisiert. Diese Gruppe versteckte 34 Fässer, gefüllt mit Schiesspulver, in den Kellergewölben unter dem Parlament. Es war geplant, diese Fässer am Tag der Eröffnung des Parlaments explodieren zu lassen und damit die gesamte englische Regierung zu vernichten. Die Verschwörung scheiterte, da das einzige katholische Mitglied aus Jakobs Beraterstab, Lord Mounteagle, gewarnt wurde und diese Warnung an Cecil und somit den König weiterleitete. In den Kellergewölben wurde Guy Fawkes verhaftet, der das Schiesspulver entzünden sollte. Dieser gab die Namen der Mitverschwörer preis, die zügig verhaftet wurden.»


 

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