Donnerstag, 13. Januar 2011

Schweizer BAG: Rauch' Dich frei!

Feel Free – Smoke Free.
Das Wortspiel hängt an einem Leerzeichen, wie so manches der Aktion mit Leere zu tun hat. Damit haben die Schweizer eine neue Religion kreiert.
Das Projekt «SmokeFree» des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) kostet die Steuerzahler gerade mal 9,8 Mio Schweizer Franken, was kein Problem darstellt, da die Raucher derartige Spielereien ohnehin mit den Wucherpreisen für Raucherwaren berappen – müssen.

SmokeFree Anwerber

Screenshot aus Video
Schweizer Fernsehen

Die Website smokefree.ch bietet unter anderem Plakate, Kärtchen, Tipps, und schon streunen die neuen Sektierer durch die Strassen, um möglichst viele Anhänger zu generieren.
 
Die neue Marke «Nichtrauchen» oder typisch schweizerisch: «SmokeFree» solle sich «ohne erhobenen Zeigefinger» etablieren, verkündet das BAG auf admin.ch, kommt aber ohne lehrerhaftes «Zerstören eines absenten Kaufobjekts» doch nicht aus: Es gibt das Bildchen einer zerbrochenen Zigarette in Form eines Vögelchens, was mich stark an meine Unterstufenlehrerin erinnert, die auch solche Zeichen malte, nachdem sie die Blümchen-Klebe-Phase überwunden hatte.
Und was schliessen wir daraus?
Raucher bzw. Nichtraucher-Anfänger werden als Siebenjährige abgeholt und sollen offenbar lebenslang in dieser Altersstufe verharren, um das Projekt sauglatt zu finden.
Tja nun, gesundes Verblöden kommt den Staat wohl billiger als Rauchen.
 
Wer ein bisschen Krebs durch Dioxin-Eier- oder -Fleisch-Konsum kriegt, ist denn eben böser Raucher oder bedauernswerter Passivraucher. Glück haben hingegen die Säufer: Sie schütten das Zeug eigenen Rechts, ohne andere zu verpesten, in sich, und haben schliesslich die absolut schützenswerte Alkoholindustrie im Rücken.
 

Aus der Tabakindustrie kopiert

«Endlich ist sie da, die einzige Zigarette, die nicht schadet, die nicht süchtig macht, die Sie überall geniessen können und die erst noch kein Vermögen kostet.
Die Zigarette, die das alles schafft, ist «Keine Zigarette».
SmokeFree – keine Zigarette ist besser.»


 
Das Etablieren der Marke «Nichtraucher» ist zwar teuer, aber nicht sehr innovativ.
Nachdem man sich für die Farbe Blau als Metapher des Coolen entschieden, eine sonore Stimme mit heroischer Filmmusik gefunden hat, lässt man aus dunklen Tiefen das Juwel «SmokeFree» hervorschweben, die Packung sich langsam öffnen, um den gleissenden Schein den Inhalt zu präsentieren: Nichts.
 
Pegasus muss herhalten
Wie erbärmlich: Der Flügelhelm des Vercingetorix wich einem Pegasus-Verschnitt und diesem neunmal vermaledeiten Gutzeichen, als sei der Bürger nun darauf erpicht, lebenslang Wurzeln zu ziehen. [ √ ]
 
20 Vögelchen
Nein, die 40 Zigaretten-Fragmente sind auch nicht im Paket enthalten, obwohl Konsumentenschützer stets davon reden, das Bild der Verpackung sollte in etwa den Inhalt spiegeln. Das BAG scheint alles zu dürfen, den Beschiss inklusive. Vielleicht waren die Leute auch unfähig, ein hoch dekoratives Nichts auf eine Schachtel zu malen. Oder vielleicht erging es ihrer Fantasie ähnlich wie Bill Gates Wurf am 20. April 1998.

 
Was in mühsamster Kleinarbeit umgearbeitet und geleert wurde …
Leeren
… darf schliesslich von den gesundheitswilligen Bürgern neu gefüllt werden. Kleinkinder erledigen sowas im Sandkasten, das BAG mit Aktionen – auf hohem Niveau natürlich und für den Preis von 9.8 Mio. Schweizer Franken.
Wer bis dahin mit Gucken und Lesen durchgehalten hat, darf sich nun ein Glas Wasser zur Stärkung holen und hat damit auch gleich den Raucherstopp-Punkt Nummer 9 auf smokefree.ch abgearbeitet. – Genial! Wäre mir nie in den Sinn gekommen.
 
Hoch motivierend ist dort der Raucherstopp-Tipp eines Users (frei zitiert):

«Ich habe vor 20 Jahren an einer Party derart viel Alkohol getrunken und geraucht, dass mir das Rauchen für alle Zeiten vergangen ist!! halleluija.»

Ja wirklich? Soll man für das Gelingen dieser Kampagne in der Tat mit Saufen und Rauchen beginnen, das Ding bis zum Kotzen durchziehen, bloss um schliesslich fröhlich auszurufen: «Dank SmokeFree habe ich mit Rauchen und Saufen aufgehört»?
 
Grenzwertig ist Tipp 3, der vorschlägt, einen Alpen-Rundflug mit der Ju52 zu unternehmen. Dazu schreibt JU-AIR in «Über uns»:

Wir arbeiten seit 1982 unentwegt für Sie !
Die JU-AIR wird seit 1982 von einem kleinen Profiteam in Teilzeit- und Vollanstellung unter der unermüdlichen Leitung von Kurt Waldmeier geführt.

Immerhin: Herr Waldmeier dürfte sich an der Reklame hoch freuen.
 

Die Erotik-Kiste voll vernachlässigt

Anpreisen
Die Tabakindustrie hat nicht nur mit «Freiheit und Abenteuer» gelockt. Ein wichtiges Element war ebenfalls das visuelle «Anpreisen» des langen Dings und das ebenso visuelle Hinführen zum Ziel. Kurz:
Nimm's aus der Schachtel, steckt's in den Mund!
Viele Zigaretten-Reklamen zeigten deshalb die Schachtel nicht stehend wie im Video des BAG, sondern neckisch liegend, wie links angedeutet.
 
Erotische Metapher
So wurde die Zigarette mit wenigen Kniffen auch zur erotischen Metapher, selbst wenn sich Intellektuelle, Schriftsteller und Philosophen gerne mit einer Gauloise beispielsweise ablichten liessen und diese Marke als quasi Identifikation mit Frankreich in alten Filmen abgeraucht wird.
 
Bedenkt man, dass unlängst erneut die Zigarettenpreise stiegen, wird sich schon aus wirtschaftlichen Gründen die Stagnation der Raucher-Zahlen zugunsten jener der Nicht-Raucher aufheben. Ich finde die Kampagne steril und abgehoben, mit einem Hang ins Kindische, das überhaupt nicht vereinbar ist mit der angepriesenen Coolness.
 
 

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